Geschichte

Annie schüttelte wieder den Kopf. "Ich sags dir nicht. Frag ihn halt selbst."

"Er wollte leben wie ein Mensch. Das durfte er. Rund um die Uhr wurde er bewacht. Tag für Tag. Denken Sie wirklich, dass ich ihn alles machen lassen würde, wenn ich es nicht unter Kontrolle hätte? Zu dem... Was wollen Sie damit bezwecken? Dass die Schule geschlossen wird? Nur zu. Doch Sie sollten wissen, dass dann innerhalb von ein paar Monaten eine neue Schule irgendwo auf der Welt entstehen würde."

"Es interessiert mich aber nicht, wie es ihm geht... wichtiger ist, was mit Dir los ist.", erklärte Cobalt und sah sie weiter so an. "Also los..."

"Ach Cole, hast Du mich wirklich schon vergessen?" Vlad grinste und untersuchte nebenbei das Zimmer. "Es geht hier nicht darum, Deine lächerliche kleine Schule zu schließen." Schwungvoll drehte er sich um. "Du weißt also, dass Deine missratene Cousine ihn und seine Freundin angegriffen hat und er sie fast abgestochen hätte?!"

"Er benimmt sich einfach komisch. Er sagt mir auch nicht, was los ist. Es ist... als wollte er mich nicht in seinem Leben haben... Irgendwie sowas.", brabbelte Annie dann drauf los. "Ich weiß auch nicht, was ich von ihm halten soll. Eigentlich kennen wir uns erst seit gestern, aber er hat mich gerettet. Sonst wäre ich vielleicht tot. Immerhin will dieses Mädchen meinen Kopf über den Flur rollen sehen." Beim letzten schlug sie sich die Hand vor dem Mund. Das wollte sie gar nicht sagen. Was würde Cobalt jetzt denken?

"Nein, Vlad, hab ich nicht." Cole lehnte sich lässig in seinen Stuhl. "Doch man sollte die Höflichkeit wahren, nicht wahr?" Dann nahm er das Bild auf seinem Schreibtisch in die Hand. Ein Bild von sich und Anastasia. "Anastasia ist speziell. Sie würde aber niemanden auf der Schule etwas antun. Sie provoziert zwar gerne und tut unüberlegte Dinge, aber eigentlich ist sie ein gutes Mädchen."

Cobalt hörte aufmerksam zu und hob gegen Ende eine Augenbraue. "Ein Mädchen aus der Nightclass?", fragte er nach. Wenn ja, musste er das auf jeden Fall dem Direktor melden. Die Vampire durften die Schüler nicht angreifen, sie durften sie doch noch nicht einmal besuchen.

Vlad räumte schließlich den Schreibtisch frei und setzte sich auf Coles Schreibtisch, wobei er seine Füße auf einen Stuhl stützte. "Sie greift Menschen an. DEINE Schüler. Nenn mir einen Grund, warum ich meinen Schützling nicht bitten sollte, mir ihren Kopf auf einem Silbertablett zu servieren."

"Ich hab dir schon zu viel gesagt. Vergiss es einfach wieder, okay?" Annie lächelte ihn an. "Wahrscheinlich war das auch gar nicht ernst gemeint." Sie versuchte schnell das Thema zu wechseln. "Wieso wolltest du ausgerechnet auf diese Schule?"

"Sie gehört zu meiner Familie." Das war Coles Antwort. Mehr nicht. Das war alles, wieso niemand sie anrühren durfte. "Mehr als Familie. Sie ist mehr wie meine Schwester. Leider ist sie in einem Alter verwandelt worden, in dem sie niemals einen klaren Kopf bekommen wird." Cole sah Vlad an. "Meinen Schülern wird nichts passieren. Weder der Day als auch der Night Class."

"Nein. Wenn Du bedroht wirst, muss der Direktor davon erfahren.", meinte Cobalt, ließ sich dann aber auf den Themenwechsel ein. "Mein Bruder ist in der Nightclass.", erzählte er und holte ein Foto von Cody (als Mensch, verstand sich) hervor. "Sein Name ist Cody Haunterly."

"Also lässt Du zu, dass Deine Schülerinnen bedroht werden. Was für ein toller Direktor." Vlad klatschte in die Hände. "Ich müsste meinem Schützling nur ein Wort sagen und er würde sie töten. Und wirklich tragisch daran ist, dass Du dagegen gar nichts machen kannst. Also, nenn mir einen vernünftigen Grund?" 

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Spoiler:

Das ist das Foto von Cody

"Er ist ein hübscher Junge. In eurer Familie müssen alle ziemlich hübsch sein.", sagte Annie nachdem sie sich das Foto angesehen hatte. Schon wieder sprach sie ohne darüber nach zu denken und wurde rot.

"Wäre das Mädchen ernsthaft in Gefahr, hätte ich schon was dagegen getan." Cole fühlte sich langsam in die Enge gedrängt, ließ es aber von außen nicht so scheinen. "Nenne mir einen vernünftigen Grund, warum ich deinen Schützling nicht töten lassen sollte."

Cobalt bemerkte das versteckte Kompliment gar nicht, da er nur das Foto ansah. "Ja, er war mal wirklich hübsch...", murmelte er halblaut und fuhr mit der Hand vorsichtig über das Fotogesicht. 

"Natürlich. So wie Du Deine Cousine im Zaum gehalten hast, als sie einen unschuldigen Jungen auf einem Zuggleis gebissen und sein Leben und das seines Bruders zerstört hat." Vlad ließ die Aktenfotos von Cody und Cobalt vor seiner Nase hin und herbaumeln. "Wenn Du ihn tötest, wird eine Armada meiner Leute Deine geliebte Schule überrennen und jeden töten. Deine Cousine, Dich, die Schüler... und das willst Du doch nicht, oder?"

"Was meinst du mit war?", fragte Annie neugierig.

Cole sah Vlad an und fing an zu lachen. "Lies dir die Akte bitte genauer durch, bevor du mich beschuldigst. Es ist 18 Jahre her, dass Anastasia Cody verwandelt hat. Was soll ein 12 jähriger Junge bitte gegen einen Vampir an stellen?"

"Er.... hatte einen Unfall vor ein paar Jahren." Das war die Erklärung, die Cobalts und Codys Familie seit Jahren pflegte. "Erst seit letztem Jahr kann er wieder unter Menschen gehen, ist allerdings ziemlich entstellt und... na ja, es hat sich einfach alles verändert."

"Ich wollte Dir damit nur zeigen, dass niemand Anastasia im Zaum halten kann. Nicht Du, niemand.", erklärte Vlad grinsend. "Es gibt nur eine Methode, diese Bestien im Zaum zu halten... wie man an meinem Schützling gut erkennen kann."

"Oh.." Annie sah zu Boden. "Das tut mir leid."

"Es gibt mehr als eine Methode, Vlad. Vielleicht ist Anastasia widerspenstiger als andere Vampire, aber außer ihr verhält sich die Night Class ausgezeichnet." Cole sah Vlad abschätzend an. "Vielleicht ist nur sie das Problem. Eventuell hast du Recht. Ich werde sie dir trotzdem nicht überlassen."

Cobalt lächelte leicht. "Ach, alles halb so wild. Ich versuche, ihn als die Person auf dem Bild zu sehen... und durch die Narben hindurch zu sehen.", erklärte er zuversichtlich. "Allerdings hat mir das Jahr in England sehr gut getan, das Ganze mal für mich zu verarbeiten. Das Leben geht weiter, nicht?"

"Richtig, es gibt zwei Methoden: die, sie einzusperren und zu töten oder sie zu einer Person wie meinem Schützling zu machen." Vlad sah ihn ernst an. "Ich biete Dir an, sie zu dem zu machen. Kontrolliert, diszipliniert und ohne Hunger auf Menschenblut. Alternativ werde ich nicht zögern, meinen Schützling auf sie zu hetzen, sollte sie noch einmal normale Menschen belästigen."

Annie nickte nur. Sie wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Sie war Einzelkind und ihre Eltern hatten selten Zeit für sie gehabt und jetzt gar keine. Sie wusste nicht, wie Familienbande richtig funktionierten.

"Wir kommen gut mit den Bluttabletten klar.", meinte Cole kurz angebunden. "Bist du dir sicher, dass er sie töten könnte? Ich meine, sie ist schon ziemlich lange ein Vampir. Sie weiß, was sie tut. Und sie hat keine Angst, was ihre größte Schwäche sein könnte, in dem Fall jedoch auch eine Stärke ist." Cole hatte große Erwartungen in Anastasia. Sie war ihm unglaublich wichtig. Auch wenn es anders herum nicht so war.

Cobalt nickte und sah sie an. "Hast Du inzwischen Hunger? Oder sollen wir vielleicht einfach nur was trinken gehen? Ich meine natürlich, Softdrinks oder alkoholfreie Cocktails..."

"Glaub mir, in meinem Schützling steckt mehr, als man meinen könnte." Jetzt bekam Vlads Grinsen etwas düsteres, nahezu dreckiges. "Er fürchtet ebenfalls nichts. Aber im Gegensatz zu Anastasia hat er sich unter Kontrolle...."

Annie seufzte. Eigentlich würde sie gerne nach Bloodwyn sehen, aber vielleicht war er kein guter Umgang, im Gegensatz zu Cobalt. "Okay." Sie nickte entschlossen. Sollte Cobalt versuchen, sie Bloodwyn vergessen zu lassen.

Cole nickte kurz. "Warum reden wir so vom Töten? Warum können wir nicht friedlich weiter leben, wie bisher? Es hat die ganze Zeit geklappt und jetzt kommst du her und erschießt meinen Arzt. Das auch noch umsonst. Sag mir wer das wirkliche Monster von uns ist."

Cobalt lächelte. "Also, Essen oder nur was Trinken?", fragte er dann nochmal nach. "Bei Ersterem kenne ich einen guten Italiener in der Nähe, bei Zweiterem eine nette Bar. Was meinst Du?" Er wollte Annie helfen. Dass mit Bloodwyn irgendwas nicht stimmte, hatte er längst gemerkt.

"Weil friedlich sein nicht funktioniert, schon seit Jahrhunderten nicht.", erklärte Vlad. "Erklär Dein Konzept von Frieden doch den Eltern, die ihre Kinder an Vampire verloren haben. Oder umgekehrt, die Waisen, deren Eltern vor ihren Augen zerfleischt wurden. Dein Arzt wusste zu viel von meinem Schützling. Ich muss ihn beschützen."

"Meinst du wir kriegen auch etwas Alkoholisches?", fragte Annie flüsternd und biss sich auf die Lippe. Sie hatte zuvor nie getrunken, aber irgendwie hatte sie jetzt Lust drauf. Wie viele Menschen ertränkten ihren Kummer im Alkohol?

"Guck dir die Schule an. Anastasia bei Seite genommen. Es funktioniert, Vlad. Es kann funktionieren." Cole sah ihn eindringlich an.

Cobalt lachte leicht. "Ich besorg's Dir.", raunte er leise. "Nee, halt... also nicht so... ich kann etwas Alkoholisches für Dich kaufen, wenn die an der Bar Dir keinen ausschenken wollen..." Er kratzte sich verlegen am Kopf und grinste leicht.

"Vielleicht die Vampire, die Leute wie Cody ausgrenzen, ihnen die Gliedmaßen teilweise abnehmen und ins Klo stopfen? Ja, Coly, ich sehe schon, das funktioniert perfekt!"

Annie wurde rot. Dieser Junge brachte sie definitiv zu oft in Verlegenheit. "Okay.", flüsterte sie aber und zwinkerte ihm zu. Dann grinste sie. In seiner Gegenwart fühlte sie sich leichter. Als würde er ein Teil ihrer Last abnehmen.

"Ich kümmere mich um Cody. Mobbing gibt es überall. Also was willst du genau?" Langsam wurde Coles Geduld aufgebraucht. "Sag es einfach frei heraus, bitte."

Cobalt grinste. "Dann lass uns gehen... ich habe einen richtig heißen Schlitten.", grinste er. "Und damit meine ich einen Smart. Ich hoffe, das entspricht in etwa Deinen Vorstellungen..."

"Ich will Dir noch einmal meinen Vorschlag unterbreiten.", erklärte Vlad ruhig. "Ich habe eine Weile gebraucht, um das Verfahren zu perfektionieren, aber es funktioniert auch bei Monstern, die nicht von klein auf dazu erzogen wurden. Wir können Deine Schüler... bändigen. Disziplin und Ordnung muss kein Prinzip sein, es kann einprogrammiert werden. Entweder das oder..." Er machte eine Halsabschneide-Bewegung.

Annie lachte kurz. "Hört sich gut an." Sie mochte ihn wirklich. Er wäre sicher ein guter Freund. Also nicht Liebhaber sondern Freund. Genau so eine Person, wie Annie sie gerade brauchte.

"Dann musst du die menschlichen Schüler genauso bändigen.", sagte Cole und zuckte mit den Achseln. "Dort gibt es auch Mobbing. Man kann nicht alles sofort klären. Die Lehrkräfte und ich strengen uns an, dass alle Schüler diszipliniert sind."

Cobalt bot ihr seinen Arm an, wie es Männer vor einer Ewigkeit getan hatten, wenn sie eine Frau ausführten. "Dann kommen Sie mal mit, gnädiges Fräulein..."

"Menschliche Schüler gehen allerdings nicht auf andere los und beißen sie zu Tode.", meinte Vlad. "Du wirst noch auf mein Angebot zurückkommen, glaub mir."

[dieses beißen hatte mich erst aus dem konzept gebracht xDD]

Annie nahm seinen Arm und grinste ihn an. "Wie Sie wünschen, mein Herr."

"Wir werden sehen.", meinte Cole. Er wusste, dass es dazu nie kommen würde. Er wollte nicht, dass Vampire wie Marionetten behandelt wurden. Wieso auch? Er mochte Vampire, ist mit einem groß geworden. Er hatte eine Bindung zu ihnen, die Vlad nie verstehen würde.

Cobalt grinste zurück und brachte sie zu seinem Auto. Wie bereits erwähnt, war es ein weißer Smart, der über und über mit Farbklecksen verziert war. Grün, lila, blau, rot... 

"Hoffen wir nur, dass nicht wegen Deiner Torheit ein paar Unschuldige sterben." Mit diesen Worten verließ Vlad das Büro durchs Fenster. Seine letzten Worte waren: "Du weißt, wo Du mich findest, wenn Du Vernunft annimmst."
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Huch

"Wow.", staunte Annie. "Der ist ziemlich cool!" Sie fand das Auto zauberhaft. Es war wirklich zum Teil süß, aber auch cool. Genau ihr Geschmack.

Cole verdrehte die Augen. Wenigstens die Leiche hätte er mit nehmen können. Also musste er jetzt dafür sorgen, dass sie verschwand.